Die Anfänge des Pietismus in Bünden
Eine Publikation des Vereins für Bündner Kulturforschung
Der Pietismus als bedeutende Frömmigkeits- und Geistesbewegung seit dem 17. Jh. im Sinne einer „zweiten Reformation“ hat in Bünden zwar nur einen unzureichenden Nährboden gefunden, aber trotzdem seine Spuren hinterlassen. Die basisdemokratische Grundstruktur des Freistaates und das individuell geprägte politische Bewusstsein seiner Bevölkerung wirkten sich in der reformierten Bündner Kirche entsprechend antizentralistisch aus. Das religiöse und erst recht das spezifisch pietistische Gedankengut musste den Filter der Bewährung im Alltagsleben durchlaufen. So galten weniger die religiöse Bekehrung und Heiligung als erstrebenswerte Ziele einer Bevölkerung, die dem alltäglichen Kampf mit der Natur ausgesetzt war und ein karges Leben führte, sondern vielmehr Pädagogik, Verhaltensorientierung und umfassende Wissensvermittlung. Denn diese boten günstige Voraussetzungen für die zukünftigen Funktionsträger in Politik, Wirtschaft und Militär. Von daher ist es auch zu erklären, dass mehrheitlich Angehörige der Adels- und Pfarrerkreise Bündens dem Pietismus anhingen.
Die Arbeit zeichnet den Hintergrund in staats-, gesellschafts-, wirtschafts- und religionspolitischer Hinsicht und die konfessionelle Ausgangslage nach, die der Pietismus vorfand. Den bedeutendsten Vertretern dieser Glaubensrichtung, der Pfarrfamilie Gillardon, die intensive Kontakte mit August Hermann Francke in Halle pflegte, und Pfarrer Daniel Willi wird breiter Raum eingeräumt. Es stellt sich hingegen heraus, das Hortensia Gugelberg geb. von Salis (1659-1715) nicht als „Pietistin“, sondern lediglich als Vertreterin einer orthodox-reformierten Glaubenshaltung bezeichnet werden kann. Ein umfangreicher Dokumentenbestand mit zumeist unveröffentlichten Quellen stützt die Aussagen.
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